Der
Reaktortyp WWER
Die WWER-Reaktorlinie (Abkürzung
für Wasser-Wasser-Energiereaktor) ist vergleichbar mit den westlichen
Druckwasserreaktoren der 60er (entspricht WWER-440) und 70er (WWER-1000)
Jahre.
Wie alle Druckwasserreaktoren benutzt auch der WWER Wasser sowohl zur
Kühlung des Reaktorkerns und zur Erzeugung von Dampf als auch zum
Moderieren der Kettenreaktion. Wird Wasser als Moderator verwendet,
ergibt sich ein erheblicher Zugewinn an Sicherheit, da ein Kühlwasserverlust
automatisch die Kettenreaktion bremst (negativer Void-Koeffizient -
vgl. RBMK-Reaktoren, bei denen Graphit als Moderator fungiert).
Im Gegensatz zur RBMK-Linie gibt es beim WWER-Design einen Reaktordruckbehälter
mit einem einzelnen Reaktorkern sowie ein Containment. Diese Elemente
vereinfachen die Beherrschung des Reaktors und vergrößern
die Chancen, einen Unfall kontrollieren zu können, da die aus dem
Kern austretende Radioaktivität im Containment zurückgehalten
werden kann.
WWER-Reaktoren gibt es in zwei Ausführungen - mit 440 und mit 1000
MW Leistung.
Die WWER-Reaktoren waren für den Export bedeutsam, da die UdSSR
damals verpflichtet war, die RGW-Länder mit Energie zu versorgen.
RBMK-Reaktoren wären außerhalb der UdSSR aufgrund ihrer selbst
im Normalbetrieb erheblichen radioaktiven Emissionen niemals genehmigt
worden.
Der Kern des WWER-1000 ist nur ein Achtel so groß wie der des
RBMK-1000, aber das Wasser fließt doppelt so schnell durch den
Reaktor und erfordert daher viel stärkere Pumpen und eine aktive
Kühlung durch Kühltürme, was dazu führt, dass Bau
und Inbetriebnahme von WWER-Reaktoren teurer sind, als dies bei RBMK-Kraftwerken
der Fall ist.
Aufgrund des negativen Void-Koeffizienten ist bei Druckwasserreaktoren
wie dem WWER eine Explosion wie in Tschernobyl praktisch ausgeschlossen.
Es besteht aber das Risiko einer Kernschmelze.
Stärken des WWER-440:
- Vorhandenes Notkühlsystem und
Hilfs-Speisewasserpumpen
Reaktordruckbehälter
- Verbesserte Kühlwasserpumpen
mit sechs Kühlkreisläufen, was verschiedene Wege ermöglicht,
den Reaktor zu kühlen
Schwächen des WWER-440:
- Kontrollinstrumente und Reaktorschutzsysteme
unter westlichem Standard
- Brand- und Strahlenschutz unter westlichem
Standard
- Schlechte Schutzmaßnahmen für
die Betriebsmannschaft im Kontrollraum
Stärken des WWER-1000:
- Stahl-Beton-Containment
- "Evolutionäres" Design
- Weiterentwicklung des WWER-440 mit verbesserten Sicherheitseinrichtungen
und der Übernahme von bewährten Bauteilen
- Verbesserter Kühlmittelfluss
und verbesserte Regelstäbe
Schwächen des WWER-1000:
- Kontrollinstrumente, Notstromaggregate
und Reaktor-Schutzsysteme unter westlichem Standard; Kontroll-und
Sicherheitssysteme sind untereinander verbunden
- Brandschutz unter westlichem Standard
- Qualitätskontrolle, Design und
Konstruktion erreichen auch in der modernen WWER-Variante nicht die
westlichen Mindeststandards
- Keine verbesserten Schutzmaßnahmen
für die Bedienungsmannschaft im Kontrollraum
Der Typ WWER-440/230 läßt
sich nicht nachrüsten, im Gegensatz zu einigen der jüngeren
WWER-440/213-Blöcke, die nach einer Umrüstung das Westniveau
der 70er Jahre erreichen können.
Die WWER-1000-Reaktoren lassen sich mit erheblichem Aufwand auf ein
höheres Sicherheitsniveau bringen, haben bei schweren Störungen
aber weniger Sicherheitsreserven als die WWER-440-213.
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